Dichtestress auf Wanderwegen? Nur die Ausnahme!

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Dichtestress auf Wanderwegen? Nur die Ausnahme!

Würden sich alle Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz am selben Tag gleichmässig auf den 65 000 Kilometern markierter Wanderwege verteilen, stünde alle sieben Meter eine Person. Würde man noch alle Wandergäste aus dem Ausland hinzunehmen, bliebe schon bald nicht mehr allzu viel Platz auf den Wegen...

Doch das sind natürlich nur Zahlenspielereien: Wandern wird zwar immer beliebter, doch längst nicht alle frönen dem Trendsport. Zudem wagen sich an trüben Tagen nur wenige nach draussen. Und trotzdem wird Dichtestress auch auf den Wanderwegen ein Thema. Wenn ich an einem schönen Wochenende an den Oeschinensee spaziere, auf die Rigi steige, vom Eggishorn die Aussicht über den Aletschgletscher geniesse, den Seealpsee umrunde, vom Creux du Van in die Tiefe blicke oder auf dem Gornergrat unterwegs bin, bleiben oft nicht einmal die sieben Meter bis zum Vordermann oder zur Vorderfrau.

Die sozialen Medien tragen ihren Teil dazu bei, dass sich viele Menschen an wenigen Orten konzentrieren. Postet ein Promi ein entsprechendes Bild, wollen plötzlich alle ins malerische Iseltwald am Brienzersee oder ins spektakulär gelegene Gasthaus Aescher im Alpstein. Die Folgen: Überlaufene Parkplätze, entnervte Einheimische, Zugangsbeschränkungen, Wirt:innen, die den Bettel hinschmeissen. Es gibt gar Aussichtspunkte, die auf Instagram angepriesen wurden, wo sich so viele Menschen tummeln, dass von der einst grünen Wiese nur noch braune Erde übrig geblieben ist.

Das heisst aber nicht, dass einsames Wandern im Einklang mit der Natur nicht mehr möglich ist. Dichtestress ist auf den Schweizer Wanderwegen nach wie vor die Ausnahme. Wer sich an Sonn- oder Feiertagen der Völkerwanderung zu einem Hotspot anschliesst, ist auch ein bisschen selber schuld. Ich wohne in der Region Thun und finde in meiner Nähe immer wieder kleinere oder grössere Wanderungen, die ein wunderbares Naturerlebnis bieten, ohne dass ich im Gänsemarsch zum Ziel gelangen muss. Natürlich ist der Aussichtsturm auf der Blueme bei Sigriswil etwas weniger spektakulär, als die Glasplattform auf dem Stockhorn und die Cholereschlucht bei Hünibach etwas weniger instagramable, als die Niesen-Pyramide, aber weniger beglückend sind diese Wanderungen deswegen nicht.

Seit vier Jahren verbringe ich zudem die Sommerferien mit meiner Familie im Jura, einem wunderbaren Wandergebiet mit vielen einsamen Wegen, die sogar an schönen Wochenenden nicht überfüllt sind. Uns hat es die Ajoie im äussersten Zipfel der Schweiz angetan. In dieser abgelegenen Region mit ihren Weiden und Wäldern und ihren reichen Traditionen fühle ich mich ganz im Einklang mit der Natur. Und auch am Doubs haben wir schöne Orte zum Wandern und Entspannen gefunden. Bei Tariche zum Beispiel führt der Flussuferweg via Seilfähre über das Wasser und im Restaurant auf der anderen Seite werden wunderbare Forellen in viel Butter serviert. Solche kleine Perlen gibt es auf den 65 000 Kilometern Schweizer Wanderwege noch viele zu entdecken – ohne dass es dort eng zu werden droht.


Ein paar Tipps für Ganzjahreswanderungen abseits der Touristenströme habe ich euch aus unseren 1600 Wandervorschlägen zusammengestellt:

Idyllische Wanderung durchs Churz- und Langloch nach Schaffhausen Nr. 2192
Thayngen — Schaffhausen, Schweizersbild • SH

Idyllische Wanderung durchs Churz- und Langloch nach Schaffhausen

Thayngen ist schon beinahe Deutschland: Fast in alle Richtungen liegt die Grenze nahe, am Bahnhof prangt das Logo der Deutschen Bahn, und der grösste Arbeitgeber ist die (einst) deutsche Traditionsmarke Knorr. Doch im Gegensatz zu den Knorr-Produkten, die viele fälschlicherweise als Schweizer Kulturgut betrachten, ist Thayngen tatsächlich echt schweizerisch – auch wenn die Schaffhauser Gemeinde im äussersten Zipfel des Landes liegt. Auch die gelben Wegweiser fehlen in Thayngen nicht. Einer zeigt vom Bahnhof in Richtung Schaffhausen. Der Weg führt zunächst durchs Dorf und dann an das Flüsschen Biber. Dem Ufer entlang verläuft ein Lehrpfad – natürlich zum Biber, der sich am renaturierten Wasserlauf wieder wohlfühlt. Bei Hüttenleben geht der Weg vom Wasser weg und den Lohningerbuck hinauf direkt ins Churzloch. Wie das folgende Langloch ist das ein sogenanntes Trockentälchen, das tief in den Kalkstein eingeschnitten ist. Entstanden ist es durch Schmelzwasser eiszeitlicher Gletscher. Obschon sie unterdessen mit Sand und Kies teilweise wieder aufgefüllt wurden, sind die beiden Tälchen für Wandernde ebenso idyllisch wie überraschend. Nach dem Langloch geht es vorbei an mehreren Tümpeln und Sümpfen durch das Schlossholz, bis der Weg unterhalb des Schlosses Herblingen aus dem Wald hinausführt. Die mittelalterliche Burg ist in Privatbesitz und nicht öffentlich zugänglich. Dafür säumen steinerne Heldenfiguren ein Stück weit den Wanderweg in Richtung Schaffhausen. Auf den letzten zwei Kilometern gibt es im Naturschutzgebiet Mos-Buck nochmals ein Amphibienlaichgebiet von nationaler Bedeutung und bei Dachsebüel eine steinzeitliche Höhle zu entdecken. Letztere wurde vor 6000 Jahren für Bestattungen genutzt. Von der Höhle aus ist es nur noch ein Katzensprung bis zur Bushaltestelle Schaffhausen, Schweizersbild.
Emmentaler Sandsteinbrüche Nr. 1424
Krauchthal, Post — Burgdorf Steinhof • BE

Emmentaler Sandsteinbrüche

Hoch über dem Emmentaler Dorf Krauchthal erheben sich Steinbrüche. Sie waren im 18. und im 19. Jahrhundert ein wichtiges Gewerbe in der Gegend. Das Berner Münster, aber auch Kirchen und Bauernhöfe wurden aus hier gewonnenem Sandstein gebaut. Ein Sandsteinlehrpfad führt zu vier ehemaligen Steinbrüchen. Dabei erfährt man allerlei Wissenswertes über den Sandsteinabbau. Um zum Lehrpfad zu gelangen, folgt man nach dem Restaurant Hirschen den braunen Weg- weisern. Sie führen auf schmalen und steilen Pfaden zu den Steinbrüchen. Auch ein Abstecher zum Aussichtspunkt Chrützflue lohnt sich. Beim dortigen Picknickhäuschen aus Holz hat man Aussicht auf die imposante Strafanstalt Thorberg. Oberhalb der Sandsteinbrüche kann man wieder auf den Wanderweg einbiegen, der nun durch lichten Wald führt. Beim Hostränz hat man bei klarem Wetter eine wunderbare Aussicht auf den Jura, während der Zimmerberg den Blick ins weitere Emmental öffnet. Nun folgt der Abstieg ins Tal, wo man ein Stück weit der Hauptstrasse folgt, bevor der Weg beim geschlossenen Restaurant Steingrube abbiegt und sich über Feld und Wald dem Restaurant Rothöhe nähert. Wer aber erfahren möchte, wie hart Steinbrecher früher arbeiten mussten, kann die Wanderung auch in umge- kehrter Richtung machen und beim Krauchthaler Dorfmuseum Werkzeug ausleihen. Damit kann man sich beim Steinbruch Bäichle im steinernen Gästebuch verewigen.
Auf der Sonnenterrasse über dem Thunersee Nr. 1576
Tschingel ob Gunten, Dorf — Heiligenschwendi, Reha Z. • BE

Auf der Sonnenterrasse über dem Thunersee

Bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab es in weiten Teilen der heutigen Schweiz ein ausgeklügeltes Alarmsystem. Auf von Weitem sichtbaren Anhöhen standen sogenannte Hochwachten, auch Chutzen genannt. Sie dienten dazu, mit Feuer oder Rauch Meldungen rasch weitergeben zu können, um die Bevölkerung zu warnen. Die Blueme war eine dieser Hochwachten, von hier wurden Meldungen beispielsweise zum 30 Kilometer entfernten Bantiger in der Nähe von Bern weitergegeben. Die Anhöhe war früher beweidet und deshalb unbewaldet. Heute kann man nur dank dem 1984 erbauten Turm, der die Wipfel nur noch knapp überragt, die Aussicht in die Berner Alpen geniessen. Die Wanderung beginnt in Tschingel, einem der sonnenverwöhnten kleinen Dörfer auf der Terrasse über dem Thunersee. Der erste Abschnitt führt schnurgerade und sehr steil über Kuhweiden und Blumenwiesen bis zum Margel. Hier wird man sich nach der grossen Anstrengung gerne auf dem Bänkli ausruhen und die Aussicht über den Thunersee in die Berner Alpen geniessen. Nach der Tschingelallmi führt die Route auf einem holprigen Forstweg durch einen zauberhaften Wald. Hochstämmige Fichten ragen aus einem knallgrünen Teppich aus Heidelbeersträuchern, zwischendurch stehen moosbewachsene Baumstrünke. Am Fuss des Aussichtsturms stehen perfekt eingerichtete Grillstellen zum Bräteln bereit. Der Abstieg führt zuerst über einen Forstweg, dann folgt ein Stück auf einem steilen, verwurzelten Pfad zur Wolfsgrube. Weiter geht es auf der Forststrasse, wo nach rund zehn Minuten ein Treppenweg zum Reha Zentrum Heiligenschwendi abzweigt.

Michael wandert

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